Die acht Dimensionen der Futteraufnahme

Die meisten Veröffentlichungen zur Futteraufnahme von wachsenden Schweinen in der Aufzucht bzw. Mast untersuchen die Effekte einzelner Faktoren, wie z. B. Verfügbarkeit von Wasser, Fressplatzgröße, Energiegehalt des Futters oder auch Gruppengröße bzw. Belegdichte, auf Leistungsparameter wie Tageszunahmen und Futterverwertung. Allerdings ist es wichtig, dass wir als Schweinehalter verstehen, wie die einzelnen Faktoren zusammenwirken und gemeinsam die Futteraufnahme beeinflussen. Denn nur so kann in der Praxis entsprechend reagiert werden, um die Leistungen zu verbessern. Diese Fragestellung wollen wir im Folgenden näher beleuchten.

Die ERSTE Dimension: Fressplatz und Troglänge

Auch wenn die meisten Futterautomaten eine Art von Fressplatzteiler aufweisen, entsprechen diese nicht unbedingt den wahren Platzanforderungen. Sowohl das Gewicht der Schweine als auch die Schulterbreite bestimmen die geeignete Fressplatzbreite. In der untenstehenden Tabelle, ermittelt von Dr. Mike Brumm, ist der Zusammenhang zwischen Körpergewicht, Schulterbreite und benötigter Fressplatzbreite dargestellt. Die einzelne Fressplatzbreite sollte groß genug sein, dass das einzelne Schwein unbehindert fressen kann, dabei aber auch gleichzeitig andere Tiere nicht behindert. Hat ein Futterautomat z. B. drei Fressplätze, müssen diese so konzipiert sein, dass auch drei Tiere gleichzeitig fressen können. PIC empfiehlt 38 cm Breite für einen Fressplatz am Trockenfutterautomaten.

Dieselben Überlegungen gelten für Flüssigfütterungssysteme. Bei restriktiver Fütterung sollten alle Schweine einer Bucht gleichzeitig fressen können, d.h. es muss ausreichend Troglänge zur Verfügung stehen. Mit den über die letzten Jahre deutlich in punkto abgesetzte Ferkel/Sau gestiegenen Leistungen in haben einige gewachsene Systeme Probleme, so dass nicht immer ausreichend Troglänge zur Verfügung steht. Dies ist jedoch wichtig, um sicherzustellen, dass jedes Tier täglich die empfohlene Menge an Nährstoffen aufnehmen kann.

Tabelle: Geschätzte Schulterbreite und erforderliche Fressplatzbreite

Gewicht, kgSchulterbreite, cmFressplatzbreite, cm
2017,319,1
4021,623,6
6024,627,2
8027,230,0
10029,233,0
>12031,540,0

Die ZWEITE UND DRITTE Dimension: Verhältnis Troglänge zu Gruppengröße sowie Belegedichte

Die durchschnittliche Troglänge je Tier beschreibt, wie viele Tiere mit einem Futterautomaten versorgt werden können, und wird berechnet als Troglänge (insgesamt) geteilt durch Anzahl Tiere in der Bucht. Im Jahr 2013 hat PIC einen Versuch hierzu durchgeführt. Dabei ergab sich, dass der Einfluss der durchschnittlichen Troglänge auf Tageszunahmen und Futterverwertung bei höheren Belegdichten größer ist (0,59 m²/Tier) als bei niedrigeren (0,75 m²/Tier). Aber in beiden Situationen hatte eine größere Fressplatzbreite einen positiven Einfluss auf Tageszunahmen und Futterverwertung. In der Ferkelaufzucht empfiehlt PIC mindestens 2,5 cm/Tier durchschnittliche Troglänge. Für die Mast lautet PIC’s Empfehlung mind. 5,0 cm/Ø Troglänge /Tier am Trockenfutterautomat (max. 8 Tiere/Fressplatz) und max. am Breiautomaten 3,0 cm/Tier (max. 12 Tiere/Fressplatz). Die in Europa geltenden gesetzlichen Anforderungen liegen teilweise darüber und müssen in jedem Fall eingehalten werden. In Deutschland dürfen sich bei ad libitum Fütterung max. 4 Tiere einen Fressplatz teilen. Ein weiteres Tier : Fressplatzverhältnis ist nur Breifutterautomaten (8 : 1) und Sensorfütterung zulässig.

Die VIERTE DIMENSION: Einstellung der Futterautomaten

Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Einstellung des Futterautomaten, den Tageszunahmen und der Futterverwertung. Je mehr der Futterauslass geschlossen wird, umso besser wird die Futterverwertung, gleichzeitig reduzieren sich die Tageszunahmen. Somit kann dies als Indikator genutzt werden, wie lange ein Schwein den Fressplatz nutzen kann/wird. Wenn zum Beispiel in der Regel mit 40 % Auslass gearbeitet, aber aufgrund von Markterfordernissen das Mastendgewicht bzw. die Belegdichte erhöht wird, entsteht ein höherer Futterbedarf an den einzelnen Automaten. Somit ist es notwendig, die Auslassmenge zu erhöhen, um die Futterkonkurrenz zu reduzieren.

Die FÜNFTE Dimension: Wasserverfügbarkeit

Da die Futteraufnahme mit der Wasseraufnahme zusammenhängt, hat die Verfügbarkeit von Wasser in geeigneter Qualität und Menge entscheidenden Einfluss auf die Futteraufnahme.
Vier wichtige Punkte gilt es zu berücksichtigen (PIC’s Empfehlungen):

  1. Anzahl Tiere je Tränke (10 Tiere/Tränke)
  2. Wasserdurchfluss (1 l/min in Aufzucht und Mast)
  3. Platzierung der Tränke (Nippeltränken sollten auf Schulterhöhe angebracht sein)
  4. Wasserdruck (1,0 – 2,8 bar)

Wichtig: Der Wasserbedarf steigt mit höherer Belegedichte bzw. höherem Mastendgewicht oder auch, wenn der Energiegehalt der Ration abgesenkt wird. Beim Einsatz konventioneller Breiautomaten wird empfohlen, zusätzliche Tränkemöglichkeiten anzubieten, wenn die Raumtemperatur über 29 °C bzw. das Tiergewicht über 82 kg beträgt, um so die Konkurrenz um Wasser am Futterautomaten direkt zu reduzieren. Abhängig vom Design, werden Breiautomaten wie Trockenfutterautomaten betrachtet. Bei den meisten sind zwischen den Wasserstellen am Automaten 7,6 – 17,8 cm Platz, gleichzeitig besteht ein hohes Tier-Fressplatz-Verhältnis. Deshalb sind zusätzliche Tränken einzuplanen.

Die SECHSTE Dimension: Energiegehalt der Ration

Es ist allgemein bekannt, dass der Energiegehalt einer Futterration die Höhe der Futteraufnahme beeinflussen kann. Deshalb ist es wichtig, etwaige Änderungen der Ration bei den Einstellungen der Futterautomaten zu berücksichtigen. So muss z. B. der Futterauslass erhöht werden, wenn die Energiemenge der Futterration gesenkt wird, da die Tiere dann einen höheren Futterbedarf haben, also mehr Zeit am Automaten verbringen. Oft wird das höchstmögliche Tier-Tränke-Verhältnis praktiziert, um Wasserverschwendung zu vermeiden. Somit kann die Verringerung des Energiegehalts in der Futterration zu einem steigenden Wasserbedarf führen bei gleichzeitig ungenügender Anzahl Tränken.

Die SIEBTE Dimension: Genetik

Verschiedene genetische Linien zeigen unterschiedliches Futteraufnahmeverhalten.
Charakteristika hier sind:

  1. täglich aufgenommene Futtermenge
  2. Anzahl Mahlzeiten pro Tag und
  3. Dauer einer Mahlzeit

Beispiel: Vergleichen wir genetische Linien mit hohem Wachstum gegenüber Linien mit niedriger Wachstumsrate sind Unterschiede in ihrem Futteraufnahme- und Fressverhalten erkennbar. Linien mit niedrigerer Futteraufnahme zeigen grundsätzlich eine höhere Anzahl an Mahlzeiten bei gleichzeitig geringerer aufgenommener Menge je Mahlzeit. Deshalb ist es wichtig, das Futteraufnahmeverhalten der eingestallten Genetik zu kennen, um die Fütterungstechnik entsprechend einstellen zu können. D. h., dass die Automateneinstellungen für Linien mit niedrigerer Futteraufnahme strikter als bei Linien mit höherem Futteraufnahmevermögen gehandhabt werden sollten, um jeweils ausreichend Futter zur Verfügung zu stellen. So zeigen Piétrain-Linien eine geringere tägliche Futteraufnahme als z. B. Duroc-Linien. Dies gilt es beim Management der acht Dimensionen der Futteraufnahme zu berücksichtigen.

Die ACHTE Dimension: Klima

Der Einfluss der Umgebungstemperatur auf die Leistungen im Schweinestall ist allgemein bekannt. Höhere Temperaturen haben einen negativen Einfluss auf die Zunahmen, da die Futteraufnahme sinkt. Umgekehrt bedeuten niedrigere Temperaturen einen Energieverlust, da die Tiere einen höheren Erhaltungsbedarf haben, um die erforderliche Körpertemperatur zu erhalten. In diesem Fall zeigen die Tiere zwar eine gute Futteraufnahme, werden aber nicht die erwarteten Zunahmen zeigen. Die Raumtemperatur hängt ab von der Konzeption des Gebäudes, dem Gewicht der Tiere sowie den (möglichen) Mikroklimazonen, z. B. für die erste Zeit in der Ferkelaufzucht (35 °C unter einer Wärmelampe und 0,04 m² feste Liegefläche je Ferkel). Veränderungen in der Belegedichte und/oder dem Mastendgewicht können Anpassungen der Klimaführung erfordern.

Besondere Aufmerksamkeit erfordert das Ende der Ferkelaufzucht, da dann die Ferkel in die Mast umgestallt werden. Die in den letzten Jahren deutlich angestiegenen Größen der Absetz-/Aufzuchtgruppen, bedingt durch die gestiegenen Leistungen der Sauenherden, sind ein nicht zu vernachlässigender Grund für unbefriedigende Leistungen in der Ferkelaufzucht, da oftmals die baulichen Gegebenheiten zur Klimagestaltung nicht ausreichend sind. Die Grafik unten verdeutlicht den Zusammenhang zwischen Zunahmen, Futteraufnahme und Futterverwertung (Coffey et al., 1995).