Never Stop Improving: PIC’s Leitsatz für die Schweinezucht

Mit der Domestizierung des Schweins als Hausschwein begann vor einigen Jahrhunderten die Schweinezucht. Auch wenn damals sicherlich noch keiner von “Schweinezucht” redete, so bewirkte die Auswahl der ‘richtigen’ Schweine erste genetische Verbesserungen. Später wurden dann verschiedene Rassen und Linien entwickelt, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts fingen Herdbuchverbände an, Stammbäume und Abstammungen zu erfassen und plädierten dafür, die Tiere anhand physischer Merkmale auszuwählen. Dies setzte sich bis in die 1950er Jahre fort, als mit der Einführung von Speckmessung und Erfassung der Zunahmen am Einzeltier Verbesserungen in diesen Merkmalen erzielt werden konnten. Gleichzeitig war allerdings das äußere Erscheinungsbild immer noch sehr wichtig. Mit der Weiterentwicklung der Methoden zur Datenerfassung und zur genetischen Bewertung veränderten sich auch die Zuchtziele. Gleichzeitig begann auch eine Weiterentwicklung in der Organisation der Zuchtarbeit, von der Herdbuchzucht hin zur Zucht spezifischer Linien durch einzelne Zuchtunternehmen.

PIC: Alles begann mit einer kleinen Gruppe von Landwirten in Oxford …

Eine kleine Gruppe von Landwirten und Wissenschaftlern in Oxford gründete 1962 die PIC. Sie wollten das hochwertigste Schwein auf den Markt bringen, indem sie die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, das Verständnis für die Biologie des Schweines und die Ökonomie der Schweineproduktion miteinander verbanden. Der Name unsere Flaggschiff-Sau ist auch heute noch eine Hommage an das Vertrauen der Gründer in Wissenschaft, Innovation und die maßgeblichen Forschungskooperationen. Der Name Camborough ist eine Kombination aus den Worten ‘Cambridge’ und ‘Edinburgh’. Mit diesen beiden Universitäten arbeiteten die Landwirte in den Anfängen der PIC eng zusammen.

Der nächste große Schritt in der Zucht war die Einführung von BLUP-Modellen (Best Linear Unbiased Prediction) zur Schätzung von Zuchtwerten im Jahr 1991, und dies war wirklich ein bahnbrechender Quantensprung. Mit BLUP wurde es möglich, Zuchtwerte anhand von Verwandteninformationen zu schätzen, phänotypische Informationen auf systematische Einflüsse zu korrigieren und dies alles zur Indexselektion zu verbinden.

Zuchtziele verändern sich im Laufe der Zeit

Die Einführung von BLUP (Best Linear Unbiased Prediction / Beste Lineare Unverzerrte Vorhersage) führte zu enormen Veränderungen in den Produktionsleistungen. Brach¬te in Europa eine Sau im Jahr 2000 im Schnitt insgesamt zehn Ferkel pro Wurf zur Welt, so waren es 2018 im europäischen Durchschnitt 14 lebend geborene im Jahr 2018 (Quelle: InterPIG Report). Die Zunahmen in der Mast konnten von 580 g/Tag im Jahr 1981 auf 829 g/Tag in 2018 verbessert werden (Quelle: InterPIG Report).

Zum einen haben sich die Zuchtziele aufgrund sich ändernder wirtschaftlicher Bedingungen verändert, zum anderen gab und gibt es Veränderungen in der Relevanz einzelner Merkmale, genauso wie die Technologien und Möglichkeiten zur Datenerfassung weiterentwickelt wurden. Und die Veränderungen und Entwicklungen werden weiter gehen, auch externe Marktfaktoren werden eine Rolle für die Zuchtziele spielen. Heutzutage werden Merkmale mit geringer Erblichkeit, die eine umfassende Datenaufzeichnung erfordern, immer wichtiger. Im Laufe der Zeit haben sich die Zuchtziele vom alleinigen Fokus auf Phänotyp, Futtereffizienz, Fleischanteil und Zunahmen zum heutigen Zuchtziel mit Schwerpunkt auf Lebensleistung, Robustheit und Fleischqualität geändert. Futtereffizienz und Fleischanteil bleiben allerdings aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung wesentliche Komponenten. Wir jedoch überzeugt, dass die heutigen Zuchtziele sehr wahrscheinlich nicht die Zuchtziele von morgen sind. Die Branche entwickelt sich weiter und somit auch die Zuchtziele. Unser Fokus wird weiterhin darauf liegen, relevante neue Merkmale zu identifizieren, sie zu erforschen und Werkzeuge zu implementieren, um sie effektiv zu messen.

Entwicklung der Zuchtziele

Nach der Definition des Zuchtziels ist die Erfassung der richtigen und aussagekräftigen Merkmale entscheidend. Wie in jedem Zuchtprogramm produzieren auch in PIC’s Zuchtprogramm die Betriebe der höchsten Zuchtstufe, die sogenannten Elite-Betriebe, Eber und Jungsauen. Auf diesen Betrieben wird detaillierte Datenerfassung betrieben und unfangreiche Informationen zum Leistungspotential jedes einzelnen Tieres erfasst. Diese Zuchtbetriebe haben eine hohen Gesundheitsstatus, einen höheren Arbeitsaufwand, befinden sich in der Regel in gemäßigten Klimazonen und arbeiten mit Reinzuchtpopulationen.

Entscheidend ist die überlegene Leistung in der kommerziellen Produktion

Die Umwelt in Zuchtbetrieben unterscheidet sich von der in kommerziellen Produktionsbetrieben, wo der Fokus auf einer kostenorientierten Produktion liegt und der Gesundheitsstaus oft durch Krankheiten wie PRRSv, APP, Mycoplasma, PED, etc. beeinträchtigt wird. Darüber hinaus ist das Mastendprodukt eine Kreuzung, meistens eine F1-Sau gepaart mit einem Endstufeneber. Studien haben gezeigt, dass Tiere, die in einem Zuchtbetrieb die besten Leistungen zeigen, nicht unbedingt auch die besten in einer kommerziellen Produktionsumgebung sind. Neue Rangierungen können die Folge sein. Allerdings sollen die Tiere in einer Reihe von verschiedenen Umwelten hervorragende Leistungen erbringen, von Amerika über Brasilien, Spanien, Großbritannien, Deutschland bis hin nach Russland oder China.

Um genau diesem Umstand Rechnung zu tragen, hat PIC 2003 sein Genetic Nucleus Crossbred Program (kurz: GNXbred-Programm – Kreuzungszuchtprogramm) eingeführt und seitdem laufend ausgebaut und weiterentwickelt. Das GNXbred-Prgramme ermöglicht es, Elite-Genetik in kommerzieller Produktionsumgebung zu testen. Jungeber aus der höchsten Zuchtstufe, den Elite-Betrieben, werden in der Produktionsstufe angepaart und produzieren Kreuzungstiere (Ferkel bzw. Mastschweine), die unter realen Produktionsbedingungen aufgezogen werden. Die Daten dieser Tiere werden erfasst und fließen in die Zuchtwertschätzung ein, um sichere und für die Produktionsstufe relevante Aussagen und Selektionsentscheidungen treffen zu können. Diese Sauen- und Mastbetriebe befinden sich auf allen sechs Kontinenten, in Regionen mit hoher Schweinedichte, haben konventionellen Gesundheitsstatus und typische kommerzielle Produktions- und Managementverhältnisse.

Genomics eröffnen spannende neue Möglichkeiten

Nach der Einführung von BLUP in die Zuchtwertschätzung im Jahr 1991 war der nächste wichtige Meilenstein für die Tierzucht und -selektion die Implementierung der Verwandtschaftsbasierten Genomischen Selektion (RBGS – Relationship-Based Genomic Selection) in das PIC-Zuchtprogramm im Jahr 2013. Diese neue Technologie hat den jährlichen Zuchtfortschritt gegenüber der traditionellen BLUP-Methode um über 35% erhöht – im Schnitt aller Merkmale und Linien bzw. Produkte bei PIC. Dies entspricht einer jährlichen Verbesserung je Schlachtschwein von 3,50 bis 4 €. Mit RBGS können die Annahmen über die Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den einzelnen Tieren, wie sie im bisherigen traditionellen BLUP-Modell angewandt wurden, durch die tatsächlichen, genombasierten Beziehungen ersetzt werden. Dies erhöht die Genauigkeit, wie Daten von Verwandten in der Zuchtwertschätzung berücksichtigt werden, erheblich. Denn auch wenn ein Tier von seinen Eltern jeweils die Hälfte der Gene vererbt bekommt, wissen wir ohne Genotypisierung nicht, welche dies sind.

In den PIC Elite Betrieben, die an der Spitze der Zuchtpyramide stehen, sehen wir signifikante Verbesserungen bei Merkmalen, die unmittelbaren Einfluss auf Effizienz und Robustheit in der Schweineproduktion haben. Dies ist das Resultat der Einführung von RBGS und weiteren Investitionen in neue Technologien.

Ein konkretes Beispiel für den Erfolg und die Wirksamkeit der RBGS sind die beeindruckenden Veränderungen in den Merkmalen Wurfgröße und Ferkelgeburtsgewicht. PIC erfasst individuelle Ferkelgeburtsgewichte seit einer Reihe von Jahren und hat dieses Merkmal mit der Einführung von RBGS in die Zuchtwertschätzung integriert. Dadurch konnte in den PIC Elite-Betrieben weiterhin eine kontinuierliche Verbesserung im Merkmal Wurfgröße erzielt werden, gleichzeitig führt die direkte Selektion auf das individuelle Geburtsgewicht zu einem parallelen Anstieg der Ferkelgeburtsgewichte. Das Merkmal Wurfgröße ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für eine Ferkelerzeuger. Wenn allerdings Geburtsgewichte und Überlebensfähigkeit der Ferkel niedrig sind, so ist der zusätzliche Wert größerer Würfe begrenzt.

Jetzt, wo Wurfgröße und Geburtsgewichte steigen, sind diese zusätzlichen Ferkel vitaler und verbessern die Produktivität des Ferkelerzeugers. Dies zeigt sich auch in der Entwicklung im Merkmal Ferkelüberlebensrate. In Verbindung mit den höheren Geburtsgewichten hat sich die Ferkelüberlebensrate (Geburt bis Absetzen) in den vergangenen fünf Jahren mit durchschnittlich 0,4 Prozentpunkten pro Jahr deutlich verbessert. Auch wenn diese Verbesserungen direkte Auswirkungen auf die Produktivität des Ferkelerzeugers haben, so dürfen die zusätzlichen Effekte auf verbessertes Tierwohl und geringere Arbeitsbelastung nicht außer Acht gelassen werden.

Es dauert ungefähr zwei bis drei Jahre, bis der Zuchtfortschritt, der auf der obersten Zuchtstufe in den Mutterlinien erzielt wurde, über die Vermehrung an die kommerzielle Produktion durchgereicht worden ist. Jetzt, ungefähr sechs Jahre nach der vollständigen Implementierung der RBGS, erleben Kunden den dadurch beschleunigten Zuchtfortschritt auch in ihren Sauenbetrieben. Der volle Nutzen dieser züchterischen Verbesserungen in allen PIC-Linien kommt dann zum Tragen, wenn am Ender auch die Mastschweine vermarktet sind. PIC führt eine Datenbank mit Leistungsdaten aus der Produktion, sowohl Reproduktionsergebnisse als auch Daten aus Aufzucht und Mast, aus Nord- und Südamerika wie auch aus Europa und Russland.

Diese Datenbank umfasst derzeit die Reproduktionsergebnisse von über einer Million Sauen und Datensätzen von rund 7,1 Millionen Schweinen in Aufzucht und Mast und zeigen im Zeitverlauf deutliche Verbesserungen. Die Trends der realisierten Leistungen in den einzelnen Merkmalen – von Wurfgröße über Futterverwertung bis hin zu Tageszunahmen – zeigen denselben oder sogar schnelleren Verlauf wie die prognostizierten genetischen Trends.

Vollständige Sequenzierung des Schweinegenoms

Der nächste Schritt in der langen Tradition der Innovationen in der Schweinezucht ist die Nutzung der DNA-Informationen aus der vollständigen Sequenzierung. Das Genom des Hausschweins umfasst rund drei Milliarden Nukleotide, ähnlich so viele wie das menschliche Genom. Mit den heutigen genomischen Technologien werden ungefähr 50.000 Genorte des Schweinegenoms erfasst. Das sind gerade einmal 0,002% des gesamten Genoms. Die vollständigen Sequenzierungsinformationen werden PIC in die Lage versetzen, die spezifischen Genotypen und die zugrunde liegende Biologie, die die phänotypische Ausprägung beeinflusst, besser zu verstehen. Dies wird den Zuchtfortschritt einmal mehr beschleunigen, denn mit Hilfe der Informationen aus der Genomsequenzierung können die genombasierten Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den Tieren optimiert werden. Weitere Möglichkeiten umfassen die Identifizierung von Genen, die die Resistenz gegen Krankheiten, die die Schweineproduktion vor Herausforderungen stellen, beeinflussen können. Aktuell sind ca. 8.000 Tiere aller wichtigen PIC-Linien vollständig sequenziert.

Zu der Reihe von innovativen Technologien, die Fortschritt für die Schweinezucht bedeuten, sind auch die Gene-Editing-Techniken zu zählen. Genus plc, PIC’s Mutterkonzern, hat 2015 bekanntgegeben, dass es in Zusammenarbeit mit der Universität von Missouri gelungen ist, ein PRRSv-resistentes Schwein zu produzieren. Dieses Schwein wurde mithilfe von Gene-Editing Technologie entwickelt und enthält keine Fremd-DNA oder neue Kombinationen von genetischem Material. Sobald es marktreif ist, können Millionen von Schweinen vor den negativen Auswirkungen dieser Krankheit bewahrt werden.

PIC ist Vorreiter in Sachen Innovation

1950s

Studienkreis von Landwirten kommt in Oxfordshire zusammen, um über Verbesserungen in der Schweinezucht zu diskutieren.

1962

Gründung der PIC – Pig Improvement Company

1964

Minimal Disease Konzeopt wird etabliert.
Auslieferung der ersten Camborough-Jungsauen

1983

PIC kann als erstes Zuchtunternehmen die Selektion auf Fruchtbarkeit erfolgreich umsetzen.

1986

Übernahme von Kleen Lean Genetics
Einführung von Pigtales zur Datenerfassung und -analyse

1990

PIC nutzt als weltweit erstes Zuchtunternehmen DNA-Proben für den Test auf das Halothan-Gen.

1991

Implementierung von BLUP zur Schätzung der Zuchtwerte

1995

PIC übernimt NPD.

1998

Einführung von PICTraqTM, PIC’s weltweiter Zuchtdatenbank

2003

Start des GNXbred-Programms für Vaterlinien

2009

Bau des neuen Genetischen Nucleus APEX in South Dakota, USA
Forschungsarbeiten mit dem ersten Genotypisierungschip für SNPs des Schweins.

2013

PIC übernimmt Génétiporc Inc.

2013

PIC implementiert Relationship-Based Genomic Selection (Verwandtschaftsbasierte Genomische Selektion), dadurch Steigerung des Zuchtfortschritts um über 35%

2015

Meilenstein des Gen-Editing-Projektes kann verkündet werden: Erste Schweine mit Resistenz gegen PRRS

2017

Akquisition der Genetik-Rechte von Hermitage und Beginn der strategischen Partnerschaft

2018

Partnerschaft mit dem dänischen Zuchtbetrieb Avlscenter Møllevang, Erweiterung des Portfolios um die Mutterlinien L04, L05 und der daraus resultierendne F1-Sau (X54/DANIC) sowie dem PIC800 (Duroc)

2020

PIC und Hermitage schaffen einen Global Elite Betrieb in Irland.

Es ist offensichtlich, dass in den vergangenen 50 Jahren in der Schweinezucht durch die Anwendung neuer Technologien rasante Fortschritte erzielt wurden. Dieser Trend setzt sich weiter fort und scheint sich zudem zu beschleunigen. Das nächste Zeitfenster verspricht sehr spannend zu werden, da neue Technologien in der Entwicklung sind, die der globalen Nahrungsproduktion aber auch insbesondere den europäischen Schweinehaltern zugutekommen werden.

Die Autoren

Saskia Bloemhof – PIC’s Technical Communications Manager.
Christoph Schulte Südhoff – Genetic Service PIC Deutschland, berät PIC-Kunden in allen züchterischen Fragen.