Was kann ein sicherer Zuchtfortschritt bei der Bewältigung der Herausforderungen in der Schweineproduktion leisten?

Ein praktisches Beispiel: Der PIC®800

Dr. Craig Lewis, Genetic Services Manager PIC Europa

Der Schweinesektor hat sich in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich weiterentwickelt. In den letzten fünf Jahren hat sich dieser Prozess aufgrund der zunehmenden Globalisierung und der Einführung neuer Technologien beschleunigt. Zuchtunternehmen müssen sich diesen Herausforderungen stellen und sich dem beschleunigten Veränderungsprozess anpassen. Infolgedessen müssen sie den Schweineproduzenten weltweit effizientere und nachhaltigere Genetik sowie Dienstleistungen anbieten, um ihre Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen und weiter zu verbessern.

In Europa haben sich diese Trends in der Konzentration von Zuchtunternehmen und einer verstärkten Zusammenarbeit zwischen ihnen manifestiert. Zum Beispiel erwarb die PIC Hermitage und ging eine strategische Beziehung mit einem dänischen Nukleuszuchtbetrieb (Møllevang) ein, um ihr Portfolio an genetischem Material zu erweitern. Gleichzeitig werden Zuchtarbeit, Selektion, Forschung und innovative Technologien gleichermaßen auf neue und bestehende Linien angewandt, um die Wettbewerbsfähigkeit der Produkte und damit der Schweineproduzenten sicherzustellen.

In den letzten zehn Jahren waren es zwei wesentliche Faktoren, die die größten Erfolge in der Beschleunigung des Zuchtfortschritts gebracht haben. Zum einen zweifellos die Implementierung neuer Technologien, Stichwort Genomische Selektion. Und zum anderen die Verbindung dieser neuen Technologien mit der Erfassung und Verarbeitung von immer mehr Leistungsdaten sowohl aus Elite-Farmen als auch aus kommerziellen Umwelten. Diese Errungenschaften allein wären jedoch nicht von Nutzen. Sie müssen auf eine adäquate Struktur und Größe mit genau definierten Prozessen angewendet werden. Werfen wir einen Blick auf die zukünftigen Herausforderungen für den Schweinesektor:

Größere Populationen ermöglichen höhere Selektionsintensität

Nehmen wir das Zuchtprogramm für den PIC®800 als praktisches Beispiel: Der PIC®800, PIC’s Duroc-Linie, ist ein direktes Ergebnis aus der Partnerschaft mit dem Nukleuszuchtbetrieb Møllevang in Dänemark. In PIC’s Zuchtprogramm wurde die Anzahl der Duroc-Mütter weltweit um den Faktor 10 erhöht, was zum einen eine größere Selektionsintensität erlaubt und gleichzeitig die Verfügbarkeit von genetisch hochwertigen Elite-Ebern deutlich erhöht. Darüber hinaus ermöglichen größere Populationen einen detaillierten Fokus auf die Zuverlässigkeit und die Prozesse der modernen Datenerfassung.
Der Schlüssel für jedes Zuchtprogramm ist die Sammlung und Einbeziehung großer Mengen aussagekräftiger Daten. Diese Daten sollten im Nukleus, in der Vermehrung und – ganz wichtig – auch in kommerziellen Produktionsbetrieben erfasst werden, denn hier sollen die Kreuzungsprodukte aus den verschiedenen Ausgangslinien ihre Leistung erbringen. Es ist daher wichtig, die genetische Ausprägung in verschiedenen Produktionssystemen und unter verschiedenen Umweltbedingungen zu berücksichtigen.
Mit diesem Verständnis führte die PIC 2003 ihr Genetic Nucleus Crossbred-Programm (GNXbred-Programm) ein und hat seitdem den Umfang laufend erweitert. Mit diesem Programm kann PIC Elite-Genetik in kommerziellen Umgebungen testen. Junge Elite-Eber werden zur Produktion von Kreuzungstieren in realen Produktionsbetrieben angepaart, um Merkmale wie Defekte und Verluste in Aufzucht und Mast und auch Qualitätsparameter am Schlachtkörper (pH-Wert, Teilstückgewichte) zu erfassen. So liegen zur Selektion der Reinzucht-Nachkommen bereits Informationen aus der realen Produktion vor (Halbgeschwister), erhöhen so die Genauigkeit der Zuchtwerte und beschleunigen damit den genetischen Fortschritt erheblich und stellen den Wert für die gesamte Produktionskette sicher.

Die richtigen und wichtigen Dinge messen

Zurück zu unserem Beispiel, PIC’s Duroc-Linie, dem PIC®800. Hier wird deutlich, wie der Fokus auf die gesamte Produktionskette zu zukunftsfähigem Zuchtfortschritt führt. Uns ist bewusst, dass die Linie, mit der wir von Møllevang aus begonnen haben, ihre besonderen Stärken in Bezug auf Wachstum und Effizienz aufweist. Allerdings gibt es immer Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung. Hierzu zählen z.B. Merkmale, die in der Vergangenheit nicht intensiv züchterisch bearbeitet wurden, wie intramuskulärer Fettgehalt (IMF) oder auch die Fundamente. Darüber hinaus haben wir die Eber in das globale GNXbred-Programm aufgenommen und seit mittlerweile zwei Jahren auf den PIC®800 angewendet. Mit dem weiteren Merkmal “Fleischzartheit” im Zuchtindex richtet sich die züchterische Weiterentwicklung PIC800 sowohl an den Bedürfnissen der Landwirte als auch den Verbrauchern aus. “Fleischzartheit (gegart)” ist das Merkmal, das am engsten mit einem positiven Verzehrerlebnis für Verbraucher korreliert ist. PIC ist derzeit das einzige aktive Zuchtprogramm, das dieses Merkmal in die Zuchtwertschätzung integriert hat. Mehrere Validierungsversuche und Rückmeldungen von Landwirten in verschiedenen Regionen zeigen deutliche Unterschiede zwischen dem PIC800 und anderen Durocs.

Anwendung genomischer Technologien

Der Begriff “Genomische Technologien”, “Genomische Selektion” oder “Genomics” wird häufig recht pauschal verwendet. Die Details machen jedoch den Unterschied und der realisierte Einfluss hängt von mehreren Faktoren ab: Seit wann werden genomische Informationen in einem Zuchtprogramm genutzt? So ist bei PIC seit Herbst 2013 die Verwandtschaftsbasierte Genomische Selektion (RBGS – Relationship-Based Genomic Selection) Routine in der Zuchtwertschätzung. Mit RBGS werden die wahren genetischen Beziehungen, basierend auf den Informationen aus der Genotypisierung, anstelle der theoretischen genutzt. Zweitens: In welchem Umfang wird genotypisiert? PIC investiert weiterhin stark in dieses System, wobei derzeit über 220.000 Tieren pro Jahr genotypisiert werden. Und drittens: Wieviel wissenschaftliches Knowhow und Innovationskraft steckt hinter einem solchen Programm? PIC zum Beispiel beschäftigt ein Team von promovierten Genetikern, die mit führenden Forschungsinstituten in Europa und Amerika zusammenarbeiten. So will PIC sicherstellen, dass die Art und Weise der genomischen Selektion, wie PIC sie implementiert hat, branchenführend ist. Und zu guter Letzt ist es auch wichtig zu verstehen, dass diese keine „fertige“ Technologie ist. Vielmehr entwickelt sich die Wissenschaft rund um die Nutzung genomischer Informationen ständig weiter.

Die nächste Generation der genomischen Technologien

Wie oben beschrieben, geht es heute nicht nur darum, die richtige Technologie einzusetzen und an der Optimierung der aktuellen Generation dieser Technologie zu arbeiten. Um in diesem anspruchsvollen Sektor wettbewerbsfähig zu bleiben, muss auch in die Beantwortung der noch offenen Fragen investiert werden. Hierzu zählen unter anderem das biologische Verständnis des Genoms, Datenanalyse und maschinelles Lernen, neue “omik”-Technologien wie Metabolomik (Stoffwechsel von Zellen und Geweben), oder auch die automatisierte Verhaltenserfassung, Fortpflanzungstechnologien der nächsten Generation, Genom-Editing für PRRS-Virusresistenz, um nur einige zu nennen.

Ein gutes Beispiel dafür, dass PIC Vorreiter in Sachen innovativer Forschung ist, ist der Abschluss eines kürzlich durchgeführten Projekts in Zusammenarbeit mit dem Roslin Institute. In diesem Projekt haben wir die Genome von über 8.000 PIC-Zuchttieren vollständig sequenziert. Dies ist das bislang weltweit größte Projekt zur Sequenzierung von Nutztieren. Diese Sequenzinformationen bieten viele Möglichkeiten für zukünftige Forschungen mit dem finalen Ziel, den Zuchtfortschritt, den PIC an die lokalen Landwirte liefert, weiter zu optimieren.

Genetik-Management

Zuchtfortschritt ist nur dann sinnvoll, wenn er in den Betrieben der Landwirte sichtbar und in Form verbesserter Leistung realisiert wird. Dazu müssen die Gene von den Elite-Betrieben sicher an die kommerziellen Produktionsbetriebe weitergegeben werden. Daher sollten alle von Zuchtunternehmen angebotenen Linien eine angemessene Populationsgröße und geografische Verteilung aufweisen. Dieser Faktor wird im Zusammenhang mit dem, durch globale Pandemien verursachten, erhöhten Infektionsdruck noch relevanter. Eine Situation, in der sich alle Nukleusbetriebe in einem Land oder in einer Region befinden, ist angesichts der heutigen realen, regionalen und globalen Gesundheitsrisiken ein echtes Risiko. PIC kennt diese Risiken und hat entsprechend investiert, um sicherzustellen, dass die Landwirte unabhängig von der Gesundheitssituation vor Ort oder in anderen Teilen der Welt die beste Genetik erhalten. Wie bereits erwähnt, ging die Erweiterung der PIC800-Popuation mit der Schaffung von weiteren Elite-Farmen einher. Diese Elite-Betriebe haben eine entsprechende Größe und sind global verteilt – von Amerika über Europa bis hin nach Russland.

Für die neuen Linien aus Møllevang sind genauso wie für die traditionellen PIC-Linien alle unsere genetischen Management-Tools implementiert. Somit bieten wir unseren Kunden ein Paket von transparenten und in Echtzeit verfügbaren Berichten und Tools, um die Genetik optimal zu managen.
Nehmen wir unser Beispiel des PIC800 wieder auf: Mit der Implementierung des neuen Index mit zusätzlichen Merkmalen und Daten können wir bereits sehen, dass sich die Population in die gewünschte Richtung bewegt. Die Grafik zeigt den Indextrend für den PIC800.

Kurz zusammengefasst

PIC hat in den letzten Jahren sowohl an den neu erworbenen Linien als auch an den traditionellen Linien maßgebliche Arbeit geleistet. Diese Zuchtarbeit hat immer das Ziel, Verbesserungen für die Betriebe unserer Kunden zu liefern. Unabhängig von der genetischen Linie führt die Ausrichtung von Selektionsintensität, Datenerfassung, genetischen Werkzeugen und genomischen Informationen zu einem robusten und hochmodernen Programm, das zu höchstmöglichem genetischen Fortschritt führt und unseren Kunden den größtmöglichen Nutzen bietet. PIC ist zuversichtlich, dass all das zusammen mit dem Wissen und der Expertise der lokalen PIC-Teams auf den Märkten zu den besten Ergebnissen für europäische Landwirte führen wird, da wir uns auf den langfristigen und zukunftssicheren Erfolg konzentrieren.

Für weitere Informationen kontaktieren Sie Ihren PIC-Berater.