Ferkelproduktion im “Elbeland” – Eigenständig und effizient
Die Agrargenossenschaft ELBELAND eG hat eine lange Historie als Genossenschaft. Vor 65 Jahren schlossen sich die beiden damals am Ort ansässigen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG) zur LPG “Elbeland” zusammen. Pflanzenproduktion, Rinder- und Schweinehaltung sind seitdem die wirtschaftlichen Standbeine. Vor 10 Jahren kam eine Biogas-Anlage hinzu und auf den Dächern der Schweineställe ist eine Photovoltaik-Anlage installiert. “Wir wollen möglichst eigenständig sein und im Kreislauf wirtschaften”, stellt Bereichsleiter Schirmer die Überlegungen hinter der Diversifikation dar. “Die Schweinegülle wird komplett verwertet. Die Ställe heizen wir selber.” Zudem sichern die verschiedenen Bereiche auch einige Arbeitsplätze in der doch recht strukturschwachen und eher von Landwirtschaft und Tourismus geprägten Region. Mit über 50 Mitgliedern besteht auch der notwendige Rückhalt in der Bevölkerung.
“Autark sein” – ist auch die Devise in der Ferkelerzeugung
Zwar werden in Scharlibbe bzw. Klietz schon seit Bestehen der LPG Sauen zur Mastferkelproduktion gehalten, doch die Sauenanlage mit 1.275 Sauenplätzen wurde “erst” 1982 errichtet. Nach deren Bestückung erfolgte die Remontierung aus der eigenen Produktion. Einige Jahre arbeitete man mit einer DL-Kernherde und DExDL-Produktionssauen, die mit Leicoma-Sperma belegt wurden. Nach der Wende erfolgte eine Umzüchtung durch Verdrängungskreuzung auf einen reinen Leicoma-Bestand. Die Mastferkel hatten Piétrain-Väter. Mit sich ändernden Marktanforderungen erfolgte dann die Umstellung auf Rotationskreuzung mit Leicoma, Edelschwein und Landrasse.
Auch wenn – oder gerade weil – einiges an Zuchterfahrung im Betrieb vorhanden ist, waren sich Vorstand und Bereichsleiter Anfang 2013 einig, dass züchterisch kein Fortschritt mehr in Aussicht stand. Einig war man sich geworden mit der PIC, das Konzept inklusive Zielvorgabe stand. Dann kam allerdings ein Großereignis dazwischen …
Sachsen-Anhalt, Elbe, Havel, Wasser … da war doch noch was?
Richtig, vor über fünf Jahren, im Juni 2013 war die große Elbeflut, mit Deichbruch bei Fischbeck, nur 15 Kilometer von Scharlibbe entfernt. “Alle Ställe waren von Wasser umgeben, nur per Boot oder Trecker war das Betriebsgelände zu erreichen”, blickt Frank Schirmer auf die damalige Situation zurück. “Aber wir konnten alle Tiere retten, gemeinsam mit Technischem Hilfswerk und großem Engagement aller Mitarbeiter haben wir die Versorgung aufrechterhalten können. Woanders unterbringen konnten wir die Tiere nicht. Was wäre also die Konsequenz gewesen?”
Heute zeugt nur noch die etwa kniehohe Mauer rund um die Ställe von dem Ereignis. Sie soll vor einem erneuten Hochwasser schützen, was hoffentlich nie der Fall sein wird.
Erfolgreiche Umzüchtung mit PIC
Startschuss für die neue genetische Ausrichtung war der 1. Mai 2014. Mittels Wechselkreuzung sollte innerhalb von vier Jahren der Bestand komplett auf PIC-Genetik gedreht werden. “Mir ist bewusst, dass wir mit der Wechselkreuzung einen gewissen Teil des Heterosiseffekts verschenken. Aber zum einen wollten wir aus hygienischen Gründen keine Tiere zuführen. Für eine interne Reinzuchtherde fehlen uns auch die geeigneten Aufzuchtmöglichkeiten, und zudem wollte ich schon die gesamte alte Herde als Anpaarungsgrundlage nutzen können”, erläutert Frank Schirmer.
“Um die Umstellung zu beschleunigen, haben wir am Anfang die Anzahl Zuchtanpaarungen erhöht. Ungefähr seit Halbzeit der Umstellung kommen für Zuchtanpaarungen nur noch Sauen zum Einsatz, die zum einen bereits einen PIC-Vater haben, also mindestens 50% PIC-Genetik sind. Und zum anderen sollen ihre Leistungen im oberen Viertel der Herde liegen”, ergänzt er weiter.
Ehrgeizige Ziele gesetzt …
“In jedem der ersten drei Jahre jeweils ein Ferkel mehr” lautete die Zielsetzung. Bereits nach zweieinhalb Jahren war eine Leistungssteigerung von drei Ferkeln erreicht und die gesetzte Marke von 28 Ferkeln überschritten.
Der nächste Meilenstein konnte im Frühsommer des vergangenen Jahres als erledigt abgehakt werden. Die Herde ist komplett umgestellt. Komplett heißt hier auch komplett: Seit der ersten Lieferung kommen Vor- und Endstufensperma von PIC-Ebern aus der GFS-Station in Fischbeck: PIC L02 (Landrasse), PIC L03 (Large White) und als Vater für die Mastferkel PIC408 ProfitPlus.
Positives Fazit
Jetzt, nach fast fünf Jahren bzw. vier vollen Wirtschaftsjahresabschlüssen, zieht Frank Schirmer ein durchweg positives Fazit. “Sicherlich steht die Zahl der abgesetzten bzw. verkauften Ferkel in den meisten Diskussionen im Vordergrund. Und das war ja auch die Kennzahl, die wir bei der genetischen Neuausrichtung als Maßstab genommen haben. Schließlich ist die Entscheidung eine nicht unerhebliche gewesen und auch der Vorstand musste damals überzeugt werden. Aber wir können in allen Bereichen sehr schöne Entwicklungen sehen. Die Umrauschquote ist um mehr als die Hälfte besser geworden und liegt bei den Altsauen unter fünf und bei den Jungsauen unter zehn Prozent. Bei der Jungsauenabferkelrate nähern wir uns den 90% und die Altsauen schaffen nahezu 95%. Die Saugferkelverluste hatten wir früher auch schon ganz gut im Griff. Jetzt sind sie allerdings konstant unter 10%, und das bei größeren Würfen.” Schirmer weiß, wovon er redet. In regelmäßigen Abständen überprüft er die Zahlen des Betriebs. Und während der Umstellung hat er dies recht engmaschig getan und hatte stets im Blick, wie weit die Umstellung fortgeschritten war.
Höhere Leistungen bei geringeren Kosten
“Und in diesem Wirtschaftsjahr schaffen wir die 30 Ferkel, ohne auf der Kostenseite zulegen zu müssen”, ist Schirmer überzeugt und belegt dies mit einer weiteren Kennzahl. Er rechnet aus, wie viel Kilogramm Futter je verkauftem Schwein eingesetzt wird.
Dazu zählt jedes Kilo Futter: Sauenfutter, Ferkelfutter und das Futter in der Selektionsmast. Diese Kennzahl konnte in den vergangenen vier Wirtschaftsjahren um mehr als 10% oder 14 kg verbessert werden, denn die mehr verkauften Ferkel werden von weniger Sauen als früher aufgezogen.
Gerüstet für die Zukunft?
“Wenn es um die Dinge geht, die wir direkt beeinflussen können, sind wir im Hinblick auf unsere Eigenständigkeit und die mehreren Standbeine gut aufgestellt und machen unsere Hausaufgaben”, blickt Geschäftsführerin Ute Panther positiv in die Zukunft. Einig ist sie sich mit Frank Schirmer, gerade im Hinblick auf die Schweineproduktion: “Über die so genannten K-Fragen ist und wird viel diskutiert. Entscheidend für unsere Wettbewerbsfähigkeit ist doch bei der internationalen Vernetzung der Märkte, dass am Ende für alle in Europa dieselben Vorschriften gelten.”
Dieser Artikel erschien im PICourier – Ausgabe Frühjahr 2019.