Ökohof Liescher steigt in die Vermehrung von PIC-Jungsauen für Bio-Betriebe ein
Die Vorfreude ist schon jetzt spürbar, auch wenn erst gut ein Drittel der neu eingestallten Jungsauen belegt und tragend sind. „Eigentlich können wir es kaum erwarten, unsere ersten eigenen Bio-Jungsauen zu vermarkten. Wir haben schon feste Abnehmer und weitere Anfragen. Es kommt uns wie eine Ewigkeit vor, die Zeit bis zur ersten Abferkelung. Aber Ende August ist auch nicht mehr so wirklich weit, und genug zu tun haben wir bis dahin auch“, umschreibt Ulrike Liescher, Eigentümerin und Betriebsleiterin des Ökohof Liescher in Teschow bei Teterow, Mecklenburg-Vorpommern, die derzeitige Stimmungslage.
Zwischen See und Golfplatz: Landwirtschaft mit Schweinen, Kühen, Hühnern und Ackerbau
Mitten in der Mecklenburgischen Schweiz liegt, ein wenig außerhalb von Teterow, Teschow. Schloss und Golfplatz prägen inzwischen das Bild für den Besucher. Das Schloss hat eine wechselhafte Vergangenheit hinter sich, war es doch Rittergut, Lager für russische Soldaten, Flüchtlingslager, Teil der damaligen LPG, Wohngebäude, Hotel und inzwischen Klinik. Und zwischen Schloss, Golfplatz und Teterower See liegen Ökohof Liescher und Landgut Liescher, die heute Land und Gebäude der ehemaligen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft nutzen.
Aus Niedersachsen nach Mecklenburg
Seit der Wende lebt Familie Liescher in Teschow, wo Vater Ulrich zunächst den Betrieb aufbaute und zunächst zehn Jahre lang allein bewirtschaftete. Seine Frau Annegret kümmerte sich währenddessen weiter um den elterlichen Betrieb in Osnabrück. Nach Abschluss ihrer Ausbildung folgte Tochter Ulrike mit Ehemann Georg Liescher-Obernüfemann dem Vater nach Mecklenburg und gemeinsam entwickelten sie den Betrieb weiter.
Die Sauenhaltung übernahm Ulrike und Georg baute die Milchviehherde in Teschow auf. Nachdem Ulrikes Schwester Gabi den Betrieb in Osnabrück übernommen hatte, konnte auch Mutter Annegret endgültig nach Mecklenburg umziehen. Als weiteren Betriebszweig etablierte sie die Legehennenhaltung mit 3.000 Hennen.
Gemeinsam mit fünf Mitarbeitern und einem Auszubildenden bewirtschaften Lieschers heute insgesamt über 600 ha Acker- und Grünland, erzeugen Milch, Fleisch sowie Eier. Rohulla, der Auszubildende ist im zweiten Lehrjahr und stammt aus Afghanistan. Er fühlt sich wohl, sowohl auf dem Betrieb als auch in der Dorfgemeinschaft, in der er zudem Unterstützung erfährt, z.B. in Sachen Sprache. Kürzlich erst hat er die theoretische Führerscheinprüfung im ersten Anlauf bestanden.
Die nächste Generation steht auch schon in den Startlöchern: Elia-Maximilian, Jahrgang 2000, ist derzeit im zweiten Ausbildungsjahr zum Landwirt und freut sich darauf, bald in den Betrieb mit einsteigen zu können. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Luca-Marten beginnt im August eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Komplettiert wird die Familie durch das achtjährige Nesthäkchen Christin-Theres.
„Bio-Jungsauenproduzieren – das war eigentlich Mutter‘s Idee“ …
“Die Sauenhaltung nach Bio-Richtlinien war seit 1998 immer fester Bestandteil unseres Betriebes. Schweren Herzens mussten wir allerdings 2011 aus der Sauenhaltung aussteigen, da wir die zusätzlichen Auflagen für die Sauenhaltung finanziell nicht stemmen konnten. Alle ferkelführenden Sauen sollen Außenauslauf haben. Diesen Umbau konnten wir zu jenem Zeitpunkt nicht realisieren, da die Erlöse für Bio-Schweine nicht konstant genug waren, um eine solche Investition zu tätigen. So sind wir umgestiegen auf Mast und haben in den letzten Jahren Bio-Babyferkel aus der Freilanhaltung von einem Bio-Erzeuger eingestallt und schlachtreif gemästet. Die inzwischen konstanteren Erlöse für Bio-Schlachtschweine, haben bei uns in den letzten Jahren die Lust auf Sauenhaltung wieder wachsen lassen. Wir entschlossen uns, einen Bauantrag für einen neuen Bio-Abferkelstall zu stellen. Der alte, frühere Sauenstall wurde vom Mast- wieder zum Sauenstall umgebaut und der Neubau nahm langsam Form an. Während der Bauzeit stellten wir uns dann die Frage, woher wir denn genügend Bio-Jungsauen kaufen können. Nach ökologischen Richtlinien aufgezogenen Jungsauen gibt es kaum zu kaufen und so warf meine Mutter ein, warum züchtet ihr denn keine Bio-Jungsauen? So entstand die Idee, auch für andere Bio- Betriebe Jungsauen zu züchten. Um einen guten Gesundstatus erreichen zu können, hatten wir uns dazu entschieden, im Oktober 2018 die letzten Mastschweine zu verkaufen und keine mehr einzustallen. Alle Ställe wurden und werden in dieser Zeit bis zur neuen Belegung mit Schweinen gründlich gereinigt und repariert.
So wurden verschiedene Genetik-Anbieter kontaktiert und die Möglichkeiten der Jungsauen-Vermehrung ausgelotet. PIC’s Berater, Dr. Thomas Müller, konnte mit dem vorgelegten Konzept überzeugen, auch wenn PIC hier zugegebenermaßen auch Neuland betritt. Doch die grundsätzlichen Prinzipien der Vermehrung unterscheiden sich zwischen konventionell und ökologisch nicht wirklich: Genetisch hochwertige Großelternsauen der Linie L03 (Large White) werden mit Sperma der PIC-Mutterlinie L02 (Landrasse) belegt, um Hybridsauen zu erzeugen.
Bestückung aus PIC‘s Tochternukleusbetrieb Podelzig
Bevor die Bestückung aus Podelzig erfolgen konnte, mussten noch einige Baumaßnahmen vonstattengehen. Logisch, dass zunächst der Besamungs- und Wartebereich an der Reihe war, sollten doch hier die neuen Jungsauen einziehen. Nach gründlicher Reinigung wurden 2x 18 Selbstfangfressliegbuchten sowie 52 Fressstände in den ehemaligen Tiefstreu-Maststall #3 eingebaut.
Im April und im Mai kamen dann die 135 L03-Jungsauen aus Podelzig. Die erste Gruppe sowie die Hälfte der zweiten sind im Deck-/Wartestall, die übrigen im Quarantänestall untergebracht. “Einen Teil der Remontierungsauen werden wir wahrscheinlich auch zukünftig aus Podelzig beziehen, auch, um möglichst dicht am Zuchtfortschritt zu bleiben. Einen Teil werden wir, gemäß den Ökolandbau-Richtlinien, selber nachziehen”, erläutert die Betriebsleiterin das Remontierungskonzept.
Konventionelle vs. ökologische Jungsauenvermehrung
– der Unterschied ist allein eine Frage der Haltung …
Licht, Luft, Sonne oder auch mal Regen, das gilt für jeden Produktionsabschnitt. Alle Funktionsbereiche haben Außenauslauf. Auch Julius, der Such- und Stimuliereber, hat seinen eigenen Ausgang. Wenn Julius zum Einsatz kommt, das ist auch der einzige Zeitpunkt, zu dem die Sauen fixiert sind: Bei der Besamung. Vorher, nachher – immer Gruppenhaltung. Erst zur Abferkelung werden die Sauen in die Einzelbuchten im neuen Abferkelstall umgestallt.
Freie Abferkelung mit Außenterasse
Im neuen Abferkelstall wird noch geschraubt und die Trenngitter, Ferkelnestabdeckungen etc. eingebaut. Freies Abferkeln heißt es hier ab August. Neun Quadratmeter misst jede Bucht, hinzu kommen sechs weitere im Außenauslauf. Jede Abferkelbucht hat ihre “private Terrasse”, so dass jeder Sau zusammen mit ihren Ferkeln insgesamt 15 m² zur Verfügung stehen werden. Damit liegt das Platzangebot rund ein Drittel über den Biopark-Anforderungen. Den Platz werden Sau und Ferkel auch gut benötigen, ist dies doch ihr Aufenthaltsort für mindestens sechs Wochen (42 Tage Säugezeit). An die Türen nach draußen wird noch der Schließmechanismus (Gasdruck) eingebaut, so dass die Sauen eigenständig ihren Aufenthaltsort zwischen Bucht und Terrasse wählen können. Für die Ferkel wird es ebenfalls einen Schlupf geben. Insgesamt sind es 38 Abferkelplätze, eine Sauendusche und ein Sozialraum, die eingebaut werden. Im Ein-Wochenrhythmus werden hier dann ab Ende August die Sauen abferkeln. “Ein-Wochenrhythmus bei 100 Sauen hört sich vielleicht etwas ungewöhnlich an, aber unsere Abnehmer sind ja keine Mäster, die möglichst große Ferkelpartien haben wollen. sondern Bio-Ferkelerzeuger. Deshalb wollen wir auch in der Lage sein, entsprechende Gruppengrößen und altersgestaffelte Partien anbieten zu können”, erklären Ulrike Liescher und Jeanette Strüwe, SKBR.
Gefüttert wird in allen Produktionsabschnitten trocken (granuliert) über Volumendosierer. Heu als Raufutter steht den Tieren immer zur Verfügung.
Aufzucht in Großgruppen
Aus dem Abferkelstall geht es dann in die Aufzucht auf Stroh und mit Auslauf, in Gruppen von 70 Ferkeln. Zunächst noch Sauen und Börge gemeinsam, bevor dann die Börge mit ca. 30 kg an einen Mäster verkauft werden. Kastriert wird übrigens mit Lokalanästhesie, da die Immunokastration nicht (mehr) für Biobetriebe zugelassen ist.
Bio und draußen – das Gesundheitsmanagement wird dennoch nicht vernachlässigt
Der Vermehrungsbetrieb Liescher wird in das regelmäßige PIC-Gesundheits-Monitoring eingebunden. Darüber hinaus nimmt der Betrieb am freiwilligen Monitoring-Programm der Tierseuchenkasse Mecklenburg-Vorpommern teil. Dies ist zum einen das Programm rund um PRRS (Statuserhebung, Überwachung unverdächtiger Bestände, betriebsspezifischer Bekämpfungsmaßnahmen in positiven Beständen). Hier hat sich Ulrike Liescher für die halbjährliche Beprobung und Untersuchung entschieden (Überwachung unverdächtiger Bestände ohne Zertifizierung). Zum anderen nimmt der Betrieb am freiwilligen Salmonellen-Monitoring teil. Die entsprechende Unterstützung liefert neben der PIC die bestandsbetreuende Tierärztin Dr. R. Reincke aus Güstrow.
Das Impfprogramm umfasst Parvo-Rotlauf, Influenza und Leptospirose als Bestandsimpfung, sowie eine Coli-Clostridien-Mutterschutzimpfung. Die Ferkel werden routinemäßig gegen Circovirus und Mycoplasmen geimpft.
Mitglied bei Biopark e.V. seit 1998
Seit inzwischen 21 Jahren ist der Ökohof Liescher anerkannter Bio-Betrieb nach Biopark-Richtlinien. Warum ökologisch wirtschaften? Auf diese Frage antwortet Ulrike Liescher ohne Umschweife: “Aus Überzeugung! Die artgerechte Tierhaltung lag mir schon immer am Herzen. Sicherlich gibt es die ein oder andere Herausforderung, gerade in Sachen Fütterung. Da die richtigen Futtermittel zu finden, die die essentiellen Aminosäuren auch passend liefern, ist nicht immer einfach. Zumal unser Ackerbau konventionell bewirtschaftet wird. Über Biopark haben wir aber Kontakt zu zertifizierten Lieferanten. So setzen wir, also Jeanette Strüwe vom SKBR und ich, uns mit Steffen Fiedler von CeraGreen zusammen und besprechen die Futterrationen, auch anhand der PIC-Empfehlungen.”
Nach den Kriterien des Biopark-Verbandes arbeiten rund 500 Landwirtschaftsbetriebe und 100 Verarbeiter und Händler in fast allen Bundesländern. Das Spektrum der Biopark-Betriebe reicht von Mutterkuh- und Mutterschafhaltung über Schweine- und Geflügelmast, Legehennenhaltung, Landschaftspflege mit Nutztieren, Milchproduktion, Anbau von Getreide, Kartoffeln, Obst, Gemüse, Dauerkulturen bis hin zur Pilzzucht. Darüber hinaus organisiert der Verband die Vermarktung und Abrechnung der Erzeugnisse. Dies wird Ulrike Liescher voraussichtlich auch für die Vermarktung der Kastrate in Anspruch nehmen. Die Vermarktung der Jungsauen jedoch erfolgt direkt.
Mehr über “ Biopark e.V. – Ökologischer Landbau” im Internet unter www.biopark.de.
Jungsauen bereits vorbestellt
Mit Unterstützung von PIC hat U. Liescher bereits Abnehmer für die gesamte Produktion gefunden – verbandsübergreifend und überregional. “Lieferschein ausstellen, Rechnung schreiben, Begleitpapiere erstellen, daran muss ich mich dann erst mal gewöhnen”, gibt sie zu, wird dabei aber von Jeannette Strüwe vom SKBR (Schweinekontroll- und Beratungsring Mecklenburg-Vorpommern) unterstützt. “Da hilft dir der Sauenplaner. Es gibt die Möglichkeit, solche Dokumente zu generieren”, erläutert sie. “Nach der Selektion müssen die Daten nur entsprechend erfasst werden.” Apropos Selektion: “Die Selektion machen wir natürlich selbst, aber ich denke es ist eine gute Sache, wenn wir uns einmal im Jahr mit einem erfahrenen PIC-Selekteur abstimmen”, hat sich U. Liescher überlegt. Beim Transport ist ebenfalls eine enge Zusammenarbeit mit PIC geplant, um sicherzustellen, dass die Jungsauen sicher und gesund an ihren zukünftigen “Arbeitsplätzen” ankommen.
Jetzt können demnächst also auch ökologisch wirtschaftende Ferkelerzeuger mit PIC-Sauen arbeiten, die von Geburt an nach Ökolandbau-Richtlinien aufgewachsen sind.
Dieser Artikel erschien im PICourier – Ausgabe Sommer 2019.